Das Metrum oder Versmaß bestimmt den Rhythmus eines Gedichts. In der Verslehre (Metrik) verstehst man unter dem Metrum eine festgelegte Reihenfolge von betonten und unbetonten Silben im Vers. Durch diese Abfolge erhält das Gedicht seine Struktur und sprachliche Melodie. Die Metrik hat dadurch Einfluss auf die Stimmung im Gedicht.
Um das Metrum korrekt zu bestimmen, trennt man als erstes alle Silben im Gedicht voneinander ab.
Anschließend markiert man die betonten und unbetonten Silben in den Versen. Für die betonten Silben benutzt man entweder X oder – und für die unbetonten Silben x oder ∪. Dann zählt man die betonten Silben (Hebungen) pro Vers.
Zum Schluss benennst du den Versfuß. Darunter verstehst du die kleinste Einheit in einem Vers, die sich mehrmals wiederholt.
Die beliebtesten Versfüße in deutscher Dichtung sind:
Jambus: x X (unbetont, betont): Harmonie, Ruhe, Trauer, Zufriedenheit, Melancholie
Trochäus: X x (betont, unbetont): Wut, Hass, Rebellion, starke Lust und Liebe
Daktylus: X x x (betont, unbetont, unbetont): Geschwindigkeit, Hast und Eile, aber auch gute Laune, Tanz, Beschwingtheit
Anapäst: x x X (unbetont, unbetont, betont): Betonung der Endsilbe, Fokus auf Endreim. Oft für Kontraste geeignet.
Ausschnitt aus: Johann-Wolfgang von Goethe: Der Zauberlehrling
X x X x X x X x
Hat/ der/ al/te/ Hex/en/mei/ster
X x X x X x X x
sich/ doch/ ein/mal/ weg/be/ge/ben!
X x X x X x X x
Und/ nun/ sol/len/ sei/ne/ Gei/ster
X x X x X x X x
auch/ nach/ mei/nem/ Wil/len le/ben.
Vierhäbiger Trochäus, weibliche Kadenz
Eine Kadenz bezeichnet in der Lyrik die Betonung am Ende eines Verses.
Je nachdem, wie die letzten Silben betont werden, unterscheidest du 3 Arten von Kadenzen:
männliche Kadenz (endet auf eine betonte Silbe), klingt häufig klar, stark, hart und abschließend.
weibliche Kadenz (endet auf eine unbetonte Silbe), klingt oft weich, zart, harmonisch oder zögerlich
reiche Kadenz (endet auf mehrere unbetonte Silben), wirkt melodisch und weich.
Die Kadenzen spielen eine wichtige Rolle für den Rhythmus, den Lesefluss und die Wirkung eines Gedichts. Sie werden eingesetzt, um Stimmungen zu erzeugen und Form mit Inhalt zu verbinden: Ob ein Vers hart und abschließend oder weich und fließend klingt, hängt davon ab, welche Kadenz verwendet wird.
Im Beispiel könnte man anhand der Kadenz interpretieren, dass der Zauberlehrling trotz des deutlichen Trochäus, der Entschlossenheit darstellt, heimlich etwas unsicher sein könnte.
Joseph von Eichendorf: Mondnacht
Es war, als hätt der Himmel
die Erde still geküsst,
dass sie im Blütenschimmer
von ihm nun träumen müsst.
Johann-Wolfgang von Goethe: Der Erlkönig
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er fasst ihn sicher, er hält ihn warm.
Johann-Wolfgang von Goethe: Prometheus
Bedecke deinen Himmel, Zeus,
Mit Wolkendunst
Und übe, dem Knaben gleich,
Der Disteln köpft,
An Eichen dich und Bergeshöhn;
Mußt mir meine Erde
Doch lassen stehn
Und meine Hütte,
die du nicht gebaut,
Und meinen Herd,
Um dessen Glut
Du mich beneidest.
Eduard Möricke: Er ist's
Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
– Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist’s!
Dich hab ich vernommen!
J.R.R. Tolkien: The Ring-Verse:
Three Rings for the Elven-kings under the sky,
Seven for the Dwarf-lords in their halls of stone,
Nine for Mortal Men doomed to die,
One for the Dark Lord on his dark throne
In the Land of Mordor where the Shadows lie.
One Ring to rule them all, One Ring to find them,
One Ring to bring them all, and in the darkness bind them
In the Land of Mordor where the Shadows lie.