Das Problem zu erklären, wie die "Seele" in der physischen Welt (also z.B. in unserem Körper) etwas verursachen kann, wenn sie doch völlig verschieden von allem Physischen ist (wie Platon behauptete), bezeichnet man als Leib-Seele-Problem. Der Philosoph Peter Bieri beschreibt das traditionelle Leib-Seele-Problem in dem folgenden Text als ein Trilemma zwischen drei Sätzen.
Das Trilemma
Warum soll es nicht einfach wahr sein können, dass es an Menschen (und in geringerem Umfang an Tieren) sowohl körperliche, physische als auch mentale, nicht-physische Phänomene gibt? Der traditionelle Sammeltitel für die Schwierigkeiten, die mit dieser Annahme verbunden sind, ist „das Leib-Seele-Problem". Es gibt jedoch nicht nur ein Leib-Seele-Problem, sondern viele verschiedene, die aus unterschiedlichen Prämissen entstehen. [...] In einem strikten Sinn ist ein Problem ein Konflikt zwischen zwei oder mehreren Sätzen, die wir für wahr halten. Ein Problem besteht dann, wenn wir zwei oder mehrere Sätze vor uns haben, an denen wir gleichermaßen festhalten wollen, die aber miteinander nicht kompatibel sind. Die (...] traditionelle Art von Leib-Seele-Problemen entsteht, grob gesprochen, durch die folgenden drei Sätze:
Warum soll es nicht einfach wahr sein können, dass es an Menschen (und in geringerem Umfang an Tieren) sowohl körperliche, physische als auch mentale, nicht-physische Phänomene gibt? Der traditionelle Sammeltitel für die Schwierigkeiten, die mit dieser Annahme verbunden sind, ist „das Leib-Seele-Problem". Es gibt jedoch nicht nur ein Leib-Seele-Problem, sondern viele verschiedene, die aus unterschiedlichen Prämissen entstehen. [...] In einem strikten Sinn ist ein Problem ein Konflikt zwischen zwei oder mehreren Sätzen, die wir für wahr halten. Ein Problem besteht dann, wenn wir zwei oder mehrere Sätze vor uns haben, an denen wir gleichermaßen festhalten wollen, die aber miteinander nicht kompatibel sind. Die (...] traditionelle Art von Leib-Seele-Problemen entsteht, grob gesprochen, durch die folgenden drei Sätze:
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Trilemma(bzw. das
Problem) mithilfe des Textes:
Im Folgenden erläutert Peter Bieri die ersten beiden Sätze, aus denen das Bieri-Trilemma besteht näher.
Das-Bieri-Trilemma:
1. Mentale Phänomene sind nicht-physische Phänomene.
2. Mentale Phänomene sind im Bereich physischer Phänomene kausal wirksam.
3. Der Bereich physischer Phänomene ist kausal geschlossen.
Die Sätze (1) und (2)
Satz (1) ist die These jedes Dualismus. Satz (2) ist die Annahme, dass es mentale Verursachung gibt. (…) Diese Annahme beruht auf zwei Beobachtungen.
Erstens betrachten wir mentale Zustände als Ursachen von Verhalten. (...) Mentale Zustände sind wirksam, wenn wir beispielsweise vor Angst zittern oder uns vor Ekel schütteln, und mentale Verursachung liegt vor, wenn bestimmte Wünsche, Meinungen und Absichten zu einer Handlung führen. Wenn wir darauf schließen, dass andere Personen in bestimmten mentalen Zuständen sind, dann tun wir das im Kontext von Kausalerklärungen ihres Verhaltens. (...)
Zweitens können wir beobachten, dass mentale Zustände und Ereignisse Folgen für die (…) Verfassung unseres Körpers haben. Wir werden rot vor Zorn und bleich vor Schreck, und wir kennen (...) die psychologischen Bedingungen von Asthma und die körperlichen Erscheinungen einer Depression. „Psychosomatische Phänomene" ist der Titel für solche Fälle von mentaler Verursachung. Eine Ursache kann man definieren als ein nicht-redundantes Element einer Menge von Bedingungen, die zusammen hinreichend für das Eintreten eines bestimmten Zustands oder Ereignisses sind. Es spricht auf den
ersten Blick nichts gegen die Annahme, dass mentale Zustände und Ereignisse diese Definition in den genannten Kontexten erfüllen.
Satz (1) ist die These jedes Dualismus. Satz (2) ist die Annahme, dass es mentale Verursachung gibt. (…) Diese Annahme beruht auf zwei Beobachtungen.
Erstens betrachten wir mentale Zustände als Ursachen von Verhalten. (...) Mentale Zustände sind wirksam, wenn wir beispielsweise vor Angst zittern oder uns vor Ekel schütteln, und mentale Verursachung liegt vor, wenn bestimmte Wünsche, Meinungen und Absichten zu einer Handlung führen. Wenn wir darauf schließen, dass andere Personen in bestimmten mentalen Zuständen sind, dann tun wir das im Kontext von Kausalerklärungen ihres Verhaltens. (...)
Zweitens können wir beobachten, dass mentale Zustände und Ereignisse Folgen für die (…) Verfassung unseres Körpers haben. Wir werden rot vor Zorn und bleich vor Schreck, und wir kennen (...) die psychologischen Bedingungen von Asthma und die körperlichen Erscheinungen einer Depression. „Psychosomatische Phänomene" ist der Titel für solche Fälle von mentaler Verursachung. Eine Ursache kann man definieren als ein nicht-redundantes Element einer Menge von Bedingungen, die zusammen hinreichend für das Eintreten eines bestimmten Zustands oder Ereignisses sind. Es spricht auf den
ersten Blick nichts gegen die Annahme, dass mentale Zustände und Ereignisse diese Definition in den genannten Kontexten erfüllen.
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Z. 1: Dualismus - die Vorstellung, dass Körper und Geist zwei (duo) Formen sind, die wir unterscheiden können und getrennt voneinander existieren.
Z. 9: kausal - auf dem Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung beruhend; begründend
Z. 16: - redundant - überflüssig
hinreichend - ausreichend, genügend
Im Folgenden erläutert Peter Bieri den dritten Satz des Dilemmas und warum nicht alle drei Sätze gleichzeitig wahr sein können.
Das-Bieri-Trilemma:
1. Mentale Phänomene sind nicht-physische Phänomene.
2. Mentale Phänomene sind im Bereich physischer Phänomene kausal wirksam.
3. Der Bereich physischer Phänomene ist kausal geschlossen.
Satz 3
Diese Annahme (Satz 2) wird erst dann problematisch, wenn wir Satz (3) betrachten. Der Gedanke, dass die physische Welt in sich kausal geschlossen ist, entsteht mit der Entwicklung der modernen Physik im 17. Jahrhundert. Es ist der Gedanke, dass jedes physische Phänomen durch andere physische Phänomene verursacht wird: dass wir den Bereich physischer Phänomene nicht verlassen müssen, wenn wir nach einer Kausalerklärung für ein physisches Phänomen suchen. Diesen Gedanken kann man auch als ein Prinzip empirischer Forschung formulieren: Ein physisches Phänomen gilt erst dann als erklärt, wenn wir eine physische Ursache dafür gefunden haben. Dieses Prinzip kann man methodologischen Physikalismus nennen. Es ist ein konservatives Prinzip, das in Konflikt mit der Annahme mentaler Verursachung gerät, die uns doch so natürlich erscheint. Denn wenn wir den methodologischen Physikalismus auf Verhalten und auf alle körperlichen Phänomene anwenden, so können diese Phänomene erst dann als erklärt gelten, wenn wir physische Ursachen für sie gefunden haben. Und wenn wir sie gefunden haben, dann gibt es eine vollständig physikalistische Erklärung für unser Verhalten und für alle Phänomene in unserem Körper, und dann können wir unseren mentalen Zuständen und Ereignissen keine kausale Rolle mehr zuschreiben. Sie scheinen nun kausal überflüssig zu sein. Und doch wollen wir daran festhalten, dass es mentale Verursachung gibt. Wie ist das möglich?
Der Konflikt zwischen unseren drei Sätzen ist jetzt sichtbar. Zwei von ihnen implizieren jeweils die Falschheit des dritten: Wenn mentale Phänomene nicht-physische Phänomene sind und wenn es mentale Verursachung gibt, dann kann der Bereich physischer Phänomene nicht kausal geschlossen sein. Wenn er jedoch kausal geschlossen ist und wenn mentale Phänomene nicht-physische Phänomene sind, dann kann es allem Anschein zum Trotz keine mentale Verursachung geben. Und wenn es sie trotz der kausalen Geschlossenheit der physischen Welt gibt, dann kann es nicht sein, dass mentale Phänomene nicht-physische Phänomene sind.
Dieses Problem kann nicht gelöst werden, da es keine Möglichkeit gibt, die drei Sätze miteinander in Übereinstimmung zu bringen. Das Problem muss aufgelöst werden. Es aufzulösen heißt, einen der drei Sätze aufzugeben.
Diese Annahme (Satz 2) wird erst dann problematisch, wenn wir Satz (3) betrachten. Der Gedanke, dass die physische Welt in sich kausal geschlossen ist, entsteht mit der Entwicklung der modernen Physik im 17. Jahrhundert. Es ist der Gedanke, dass jedes physische Phänomen durch andere physische Phänomene verursacht wird: dass wir den Bereich physischer Phänomene nicht verlassen müssen, wenn wir nach einer Kausalerklärung für ein physisches Phänomen suchen. Diesen Gedanken kann man auch als ein Prinzip empirischer Forschung formulieren: Ein physisches Phänomen gilt erst dann als erklärt, wenn wir eine physische Ursache dafür gefunden haben. Dieses Prinzip kann man methodologischen Physikalismus nennen. Es ist ein konservatives Prinzip, das in Konflikt mit der Annahme mentaler Verursachung gerät, die uns doch so natürlich erscheint. Denn wenn wir den methodologischen Physikalismus auf Verhalten und auf alle körperlichen Phänomene anwenden, so können diese Phänomene erst dann als erklärt gelten, wenn wir physische Ursachen für sie gefunden haben. Und wenn wir sie gefunden haben, dann gibt es eine vollständig physikalistische Erklärung für unser Verhalten und für alle Phänomene in unserem Körper, und dann können wir unseren mentalen Zuständen und Ereignissen keine kausale Rolle mehr zuschreiben. Sie scheinen nun kausal überflüssig zu sein. Und doch wollen wir daran festhalten, dass es mentale Verursachung gibt. Wie ist das möglich?
Der Konflikt zwischen unseren drei Sätzen ist jetzt sichtbar. Zwei von ihnen implizieren jeweils die Falschheit des dritten: Wenn mentale Phänomene nicht-physische Phänomene sind und wenn es mentale Verursachung gibt, dann kann der Bereich physischer Phänomene nicht kausal geschlossen sein. Wenn er jedoch kausal geschlossen ist und wenn mentale Phänomene nicht-physische Phänomene sind, dann kann es allem Anschein zum Trotz keine mentale Verursachung geben. Und wenn es sie trotz der kausalen Geschlossenheit der physischen Welt gibt, dann kann es nicht sein, dass mentale Phänomene nicht-physische Phänomene sind.
Dieses Problem kann nicht gelöst werden, da es keine Möglichkeit gibt, die drei Sätze miteinander in Übereinstimmung zu bringen. Das Problem muss aufgelöst werden. Es aufzulösen heißt, einen der drei Sätze aufzugeben.
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Methodologischer Physikalismus.
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